Kostensenkung
durch Personalabbau
Wenn das Thema "betriebsbedingte Kündigung" bei Arbeitgebern
aufkommt, befindet sich das Unternehmen oftmals in einer insolvenznahen Krise. Die Ursachen für die Krisensituation eines
Unternehmens sind zahlreich und komplex. Überhöhte Personalkosten und fehlende Strukturen
in der Arbeitsorganisation gehören zu den Hauptursachen der Unternehmenskrise.
Um der Schieflage entgegenzuwirken, beschließen Unternehmen nicht selten den
Versuch einer Sanierung (vgl. hierzu auch unseren Ratgeber: Sanierung im Unternehmen – Besonderheiten fürArbeitgeber) Einen
wichtigen Aspekt des Sanierungskonzeptes stellt der Personalabbau dar.
Kündigungsschutz
Im Rahmen des Personalabbaus müssen Arbeitgeber einiges beachten. Gem. §
1 KSchG ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem
Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen mit
mehr als 10 Mitarbeitern ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden
hat, i. d. R. rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (vgl. dazu
auch unseren Information zum Kündigungsschutz). Das bedeutet, dass Arbeitgeber
im Falle einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers substantiiert darlegen
müssen, warum der Arbeitnehmer gekündigt wurde. Der Gesetzgeber definiert eine
sozial ungerechtfertigte Kündigung als solche, die nicht durch Gründe, die in
der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende
betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in
diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Da im Rahmen einer Sanierung gerade betriebsbedingte Kündigungen eine
immense Rolle spielen, sollten Arbeitgeber diese Kündigungen nur unter
bestimmten Voraussetzungen aussprechen.
Die
betriebsbedingte Kündigung
Betriebsbedingte Kündigungen können nur dann wirksam sein, wenn unter Beachtung der sozialen
Gesichtspunkte dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen (BAG, Urteil
vom 29.11.2007 - 2 AZR 789/06). Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG)
einige Voraussetzungen gefordert; hier einige der wichtigsten:
1. Die betrieblichen Erfordernisse müssen
dazu führen, dass der Bedarf an Arbeitskraft geringer wird.
Gerade wenn sich
Unternehmen in einer existenziellen Krise befinden, können betriebliche
Erfordernisse den Abbau von Arbeitsplätzen rechtfertigen. Die Ausgangslage
erfordert einen Überhang an Arbeitskräften. Ursachen für einen
Arbeitskräfteüberhang können zum einen außerbetriebliche Gründe sein. Dazu
zählen z.B. der Auftragsmangel oder der Umsatzrückgang. Zum anderen können auch
innerbetriebliche Gründe eine Rolle spielen. Hier fallen die unternehmerischen
Entscheidungen des Arbeitgebers meist mit den außerbetrieblichen Gründen zusammen. Die Entscheidungen müssen
allerdings eine Umstrukturierung des Betriebes bezwecken. Eine eindeutige Trennung der
außerbetrieblichen und innerbetrieblichen Gründe ist gerade vor Gericht sehr
wichtig. Die Arbeitsgerichte überprüfen, ob die geltend gemachten
außerbetrieblichen Umstände für eine betriebsbedingte Kündigung überhaupt
vorliegen oder ob die unternehmerische Entscheidung willkürlich erfolgt ist.
Deswegen ist eine klare Sachverhaltsdarstellung unumgänglich. Wenn die
Erfordernisse gegeben und plausibel sind, bildet das die Grundlage einer
betriebsbedingten Kündigung. Die Wirtschaftlichkeit der unternehmerischen
Entscheidung wird dabei nicht überprüft.
2. Die Kündigung muss "dringlich"
sein.
Von der
Dringlichkeit einer betriebsbedingten Kündigung kann ausgegangen werden, wenn
es keine Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem
anderen Arbeitsplatz gibt. Man spricht vom dauerhaften Wegfall der
Beschäftigungsmöglichkeit. Die Voraussetzung der Dringlichkeit ist in der
Praxis für Arbeitgeber sehr detailliert dem Arbeitsgericht zu belegen. Die
Kündigung muss auf Grund der Durchsetzung der unternehmerischen Entscheidung im
Unternehmen unumgänglich sein. Es dürfen keine anderen Maßnahmen auf
wirtschaftlichem, organisatorischem, personellen oder technischen Gebiet
existieren, die die unternehmerische Entscheidung zum Umstrukturieren auch
hätten realisieren können. Deswegen sollten Arbeitgeber die Personal- und
Arbeitsorganisationsstrukturen vorab gründlich prüfen. Denn der Gesetzgeber
fordert, dass für einen nicht mehr benötigten Arbeitnehmer kein anderer
Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass es z. B. keine Möglichkeit
auf einen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens geben darf.
Diesbezüglich sollten die Anforderungsprofile der verfügbaren Stellen
berücksichtigt werden.
Ferner ist wichtig
zu wissen, dass ein Arbeitsplatz, der von Leiharbeitern besetzt wird, in diesem
Kontext als frei gelten kann. Wenn sich Arbeitgeber auf die Dringlichkeit einer
Kündigung berufen, ist es meist kontraproduktiv, wenn Leiharbeiter in dem
Betrieb beschäftigt werden.
Zudem muss der
Arbeitgeber abwägen, ob durch den Abbau von Überstunden oder der Kurzarbeit
einer Kündigung nicht entgegengewirkt werden kann. Arbeitgeber sollten also im
Vorhinein die "milderen Mittel" in Betracht ziehen.
3. Beachtung der
sozialen Gesichtspunkte
Bei der Auswahl der
zu entlassenden Arbeitnehmer müssen Arbeitgeber sehr genau auf die sozialen
Gesichtspunkte achten, da diese vor den Arbeitsgerichten die Wirksamkeit einer
Kündigung erheblich beeinflussen können. Der Gesetzgeber führt dazu im § 1 Abs.
3 aus, dass eine Kündigung trotz bestehender dringlicher Erfordernisse auch
dann sozial ungerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des
Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die
Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder
nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Dabei müssen alle
genannten Sozialdaten gleichstark berücksichtigt werden, es darf keinen Vorrang
geben. Entscheidend sind die wahrhaftigen Gegebenheiten bei den Arbeitnehmern
und nicht der Kenntnisstand des Arbeitgebers. Der Beurteilungsspielraum des
Arbeitgebers ist dabei begrenzt und einzelfallabhängig.
Die Berücksichtigung
der Dauer der Betriebszugehörigkeit dient dazu, den Arbeitnehmer für die
langjährige Zusammenarbeit zu belohnen. Dieser Aspekt im Rahmen der
Sozialauswahl dient neben den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes als
besonderer Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Das Lebensalter eines
Arbeitnehmers gehört zu einem weiteren wichtigen Gesichtspunkt. Arbeitgeber
sehen sich hier oftmals mit dem Vorwurf der Ungleichbehandlung von alten und
jungen Arbeitnehmer konfrontiert. Deswegen sollten sie unter Betrachtung der
Gesamtlage sehr vorsichtig entscheiden und sich bei defizilen Fragen nach der
Gleichbehandlung von Arbeitnehmern rechtliche Beratung heranziehen.
Ein wichtiger Punkt
kann der Aspekt sein, wem gegenüber der Arbeitnehmer unterhaltspflichtig ist. Entscheidend
bei diesem Gesichtspunkt ist der Zeitpunkt der Kündigung. Denn nur
Unterhaltspflichten, die zu genau dem Zeitpunkt bestehen oder abzusehen sind, können
berücksichtigt werden. Unter die Betrachtung des Arbeitgebers fallen
Unterhaltspflichten gegenüber dem Ehegatten oder Kindern, aber auch gegenüber
pflegebedürftigen Eltern oder dem Lebenspartner nach dem
Lebenspartnerschaftsgesetz.
Bei einer Schwerbehinderung
des Arbeitnehmers ist relevant, dass diese zum Zeitpunkt der Sozialauswahl
anerkannt ist. Das bedeutet, dass etwaige Anträge auf Anerkennung als
Schwerbehinderter vom Arbeitgeber nicht berücksichtigt werden können.
Ist die Auswahl
erfolgt, kann der Arbeitnehmer erfahren warum. Der Arbeitgeber muss auf
Verlangen des Arbeitnehmers die Gründe angeben, die zu der getroffenen sozialen
Auswahl geführt haben. Allerdings muss der Arbeitnehmer die Tatsachen beweisen,
die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen
lassen. Ausnahmen von der sozialen Auswahl können bei Arbeitnehmer gelten, die
über Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen verfügen, die im berechtigten
betrieblichen Interesse liegen.
Fazit:
Es gibt immer Wege und
Mittel, eine Kündigung auf sicherem arbeitsrechtlichen Wege auszusprechen.
Die Wirksamkeit der
betriebsbedingten Kündigung ist oftmals an komplizierte Konditionen gebunden.
Die Konsequenzen von rechtlichen Fehltritten sind für Arbeitgeber immens. Arbeitgeber
sollten allerdings wissen, dass bei der Umstrukturierung des Unternehmens
Maßnahmen geplant werden können, die den arbeitsrechtlichen Handlungsspielraum
deutlich erweitern.
Die Arbeitsrechtler
der KANZLEI GÖDDECKE stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, sollte auch Ihrem
Unternehmen eine Sanierung bevorstehen.
Quelle: eigener Bericht
22. Juli 2014 (Ralf Koch, Rechtsanwalt)