1. Wer fällt allgemein
unter das KSchG?
Für die Frage, ob das KSchG für einen Arbeitnehmer anwendbar
ist, kommt es zunächst auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Größe
des Betriebs an. Wenn nur eine der nachfolgenden Voraussetzungen fehlt, greift
das KSchG nicht.
a) Dauer der
Betriebszugehörigkeit
Arbeitnehmer genießen nur dann den Schutz des KSchG, wenn
sie in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs
Monate tätig waren (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das ist meistens der Fall nachdem die
gesetzlich maximale Länge der Probezeit verstrichen ist.
b) Betriebsgröße
Eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des KSchG
ist die Größe des Betriebs. Denn das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für
Kleinbetriebe. Ein solcher Kleinbetrieb liegt dann vor, wenn in ihm in der
Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2004
begonnen haben, gilt noch die alte Grenze von in der Regel fünf beschäftigten
Arbeitnehmern (§ 23 Abs. 1 S. 2, S. 3 KSchG).
Auszubildende bleiben bei der Ermittlung der
Kleinbetriebsgrenze unberücksichtigt. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit
einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden werden mit 0,5 gezählt,
bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75.
2. Wer genießt
besonderen Kündigungsschutz?
Bestimmte Personengruppen genießen in und außerhalb des
KSchG besonderen Kündigungsschutz, z.B.
- Arbeitnehmer,
die wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit nach den Regeln ihres Tarifvertrages
nur noch außerordentlich gekündigt werden können (so genannte „unkündbare“
Arbeitnehmer),
- Betriebsratsmitglieder,
diese können - von engen Ausnahmen abgesehen - nur außerordentlich gekündigt
werden,
-
Schwangere,
für diese gelten zusätzlich die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG),
-
Schwerbehinderte,
für diese gelten zusätzlich die Vorschriften des neunten Sozialgesetzbuchs (SGB
IX),
-
Auszubildende,
für diese gelten zusätzlich die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).
3. Wer fällt nicht
unter das KSchG?
a) Arbeitnehmer
Das KSchG gilt für nur für Arbeitnehmer, also für Arbeiter
und Angestellte. Ausgenommen sind damit insbesondere freie Mitarbeiter und
Selbständige, die für ein bestimmtes Unternehmen arbeiten. Auch bei Zeitarbeitsunternehmen
besteht Kündigungsschutz – allerdings beim Zeitarbeitsunternehmen und nicht der
Firma am Einsatzort.
Das KSchG gilt nach § 14 Abs. 1 KSchG ferner nicht
-
für
Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person
berufen ist (z.B. Vorstand, GmbH-Geschäftsführer),
-
für
die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der
Personengesamtheit berufenen Personen (z.B. OHG-Gesellschafter).
Allerdings können in bestimmten Ausnahmefällen auch
GmbH-Geschäftsführer Kündigungsschutz beanspruchen.
b) Besonderheiten für leitende
Angestellte
Eine Besonderheit gilt für Geschäftsführer, Betriebsleiter
und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung
oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.
Diese genießen zwar allgemeinen Kündigungsschutz nach dem
KSchG. Allerdings können sie im Falle einer Kündigung nicht den Betriebsrat
anrufen (§§ 14 Abs. 2 S. 1, 3 KSchG). Außerdem besteht für den Arbeitgeber in
einem Arbeitsgerichtsprozess die Möglichkeit, ohne nähere Begründung zu
beantragen, dass das Gericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer
Abfindung auflöst (§ 14 Abs. 2 KSchG).
Faktisch ist es damit für den Arbeitgeber immer möglich,
sich von einem leitenden Angestellten gegen Zahlung einer Abfindung zu trennen.
Das ist der Unterschied zu einem Kündigungsschutzprozess eines normalen
Arbeitnehmers.
4. Wovor schützt das
KSchG?
Das KSchG schützt vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen
(§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Gesetz geht davon aus, dass eine Kündigung sozial
ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht auf einen der gesetzlich festgelegten
Kündigungsgründe gestützt werden kann. Dies sind:
-
Gründe,
die in der Person liegen (personenbedingte
Kündigung)
- Gründe,
die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen (verhaltensbedingte Kündigung)
-
dringende
betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in
diesem Betrieb entgegenstehen (betriebsbedingte
Kündigung)
Weitere mögliche Kündigungsgründe sind wichtige Gründe, die
eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (z.B. das sprichwörtliche
„Stehlen silberner Löffel“). Das KSchG schützt nämlich nicht vor fristlosen
Kündigungen, sondern nur vor ordentlichen, fristgemäßen Kündigungen.
a) Personenbedingte
Kündigung
Für eine personenbedingte Kündigung muss objektiv ein
Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers vorliegen. Dies ist der Fall,
wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr)
besitzt, um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung - ganz oder
teilweise - zu erbringen (vergleiche z.B. BAG, Urteil vom 18.09.2008 - 2
AZR 976/06).
Nach der Rechtsprechung des BAG müssen vier Voraussetzungen
vorliegen, damit eine personenbedingte Kündigung wirksam ist:
-
Der
Arbeitnehmer darf aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften
künftig nicht mehr in der Lage sein, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen
(so genannte „negative Prognose“).
- Es
muss dadurch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder
wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers kommen.
- Es
darf keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers auf einem anderen
freien Arbeitsplatz geben.
- Eine
abschließende Interessenabwägung muss ergeben, dass die Weiterbeschäftigung dem
Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann.
b) Verhaltensbedingte
Kündigung
Für eine verhaltensbedingte Kündigung muss objektiv ein
Grund im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen. Das Verhalten muss steuerbar
sein, sonst kommt eine verhaltensbedingte Kündigung nicht in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des BAG müssen für eine
verhaltensbedingte Kündigung vier Voraussetzungen vorliegen:
-
Es muss ein erheblicher
Pflichtverstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertraglichen Pflichten vorliegen.
-
Der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers
muss rechtswidrig sein. Es muss außerdem mindestens Fahrlässigkeit vorliegen.
-
Die Kündigung muss verhältnismäßig
sein, es darf also keine mildere Möglichkeit geben (z.B. Abmahnung, Versetzung
an einen anderen Arbeitsplatz).
-
Eine abschließende Interessenabwägung
muss ergeben, dass die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet
werden kann.
c) Betriebsbedingte
Kündigung
Voraussetzung für eine so genannte betriebsbedingte
Kündigung ist, dass dringende betriebliche Erfordernisse bestehen, die einer
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen.
Hierfür müssen nach der Rechtsprechung des BAG vier
Voraussetzungen vorliegen:
-
Die betrieblichen Erfordernisse
müssen dazu führen, dass der Bedarf an Arbeitskraft geringer wird (z.B.
Schließung einer Niederlassung, Einführung automatisierter technischer
Hilfsmittel).
- Die Kündigung muss
"dringlich" sein. Dies ist dann der Fall, wenn es keine Möglichkeit
einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz
gibt.
-
Der Arbeitgeber muss bei der Auswahl
der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Belange ausreichend berücksichtigen,
z.B. Anzahl der Kinder, Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit (so genannte
Sozialauswahl).
-
Eine abschließende
Interessenabwägung muss ergeben, dass die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber
nicht mehr zugemutet werden kann.
5. Wichtig: Klagefrist
beachten!!!
Wer eine Kündigung erhält, muss innerhalb von drei Wochen
nach deren Zugang (z.B. Übergabe, Einwurf in den Briefkasten) Kündigungsschutzklage
erheben. Ansonsten gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam (§§ 4 S.
1, 7 KSchG).
Arbeitnehmern, die gekündigt wurden, ist immer dringend zu
raten, diese Dreiwochenfrist zu beachten. Selbst wenn der Arbeitnehmer nicht
mehr weiter im Betrieb beschäftigt werden möchte, erhöht dies die
Verhandlungsaussichten für eine Abfindung des Arbeitgebers. Oftmals ist es
angezeigt, Klage zu erheben, weil ansonsten Einschnitte bei den
Sozialleistungen drohen.
6. Fazit
Das Kündigungsschutzrecht gewährt Arbeitnehmern Schutz vor
willkürlichen Kündigungen durch den Arbeitgeber. Wegen der besonderen
praktischen Relevanz gibt es eine reichhaltige Rechtsprechung, die in diesem
Zusammenhang beachtet werden muss. Bereits deshalb empfiehlt es sich besonders,
bei Kündigungsstreitigkeiten einen im Arbeitsrecht tätigen Anwalt möglichst
früh zu konsultieren.
HINWEIS:
Insbesondere nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes
oder den Personalvertretungsgesetzen folgen weitere
Kündigungsschutzvorschriften. Diese können sich auch aus Tarifverträgen
ergeben.
Zudem sind bestimmte Kündigungsfristen zu beachten.
20.05.2011 (Rechtsanwalt Ralf Koch)