Juristische
Laien reagieren meist ein wenig amüsiert darauf, dass es in Deutschland ein
eigenes „Bundesurlaubsgesetz“ (BUrlG) gibt. Dieses regelt den gesetzlichen
Mindestanspruch auf bezahlten Urlaub sowie dessen Modalitäten, zum Beispiel was
mit dem Urlaubsanspruch bei Krankheit des Arbeitnehmers geschieht.
Gesetzlicher
Mindestanspruch
Das
BUrlG sieht einen Mindestanspruch auf bezahlten Urlaub vor. Dieser beträgt
mindestens 24 Werktage pro Jahr, wobei als Werktage alle Kalendertage außer
Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen gelten (vgl. § 3 BUrlG). Da der Samstag
demnach als Werktag zählt, heute aber üblicherweise aber nur 5 Tage pro Woche
gearbeitet wird, ergibt sich faktisch ein Mindestanspruch von 4 Wochen.
Ein
gesetzlicher Mindestanspruch wie in Deutschland ist nicht selbstverständlich.
So gibt es zum Beispiel in den U.S.A. keinen gesetzlich festgelegten
Mindestanspruch auf Urlaub, auch wenn dort Angestellte üblicherweise 15 Tage
jährlich freinehmen können („Worldwide Benefit and Employment Guidelines“ -
weltweite Studie der Unternehmensberatung Mercer, 2009).
Natürlich
kann der Umfang des Urlaubsanspruchs auch höher ausfallen. Maßgeblich ist
primär der Arbeitsvertrag oder der für die Branche einschlägige Tarifvertrag.
Allerdings darf die Mindestgrenze des Bundesurlaubsgesetzes nicht
unterschritten werden (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Eine Ausnahme hiervon gilt für das
Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen
Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von
kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfang üblich sind (§ 13 Abs. 2
BUrlG).
Auf
Schwerbehinderte wird - wie auch sonst im Arbeitsrecht - auch im Bereich des
Urlaubs besondere Rücksicht genommen. Sie haben einen Anspruch auf bezahlten
zusätzlichen Urlaub von 5 Arbeitstagen im Jahr (§ 125 Neuntes Sozialgesetzbuch
- SGB IX).
Was
ist zu beachten, wenn ich Urlaub nehmen will?
Urlaub
muss im Vorfeld beim Arbeitgeber beantragt werden. Bei der zeitlichen
Festlegung des Urlaubs hat der Arbeitgeber nicht freies Ermessen, sondern er
muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen (§ 7 Abs. 1 S. 1
BUrlG). Eine Ausnahme gilt dann, wenn dringende betriebliche Belange oder
Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den
Vorrang verdienen, entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 S. 1, 2. HS BUrlG).
Vorsicht
ist geboten, wenn es zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Streit über den
genauen Urlaubszeitraum kommt. Lehnt der Arbeitgeber einen bestimmten
Urlaubsantrag ab und setzt sich der Arbeitnehmer hierüber bewusst hinweg
(„Selbstbeurlaubung“), so kann dies eine schwerwiegende arbeitsvertragliche
Pflichtverletzung darstellen, die an sich geeignet ist, grundsätzlich auch den
Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu rechtfertigen (vgl. zuletzt LAG
Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2011, Az. 7 Sa 1418/10 oder LAG Köln, Urteil vom
14.02.2011, Az. 5 Sa 21/10). Allerdings ist in solchen Fällen immer eine
Einzelfallabwägung erforderlich (vergleiche hierzu auch unseren Ratgeber:
Fristlos gefeuert - Die außerordentliche Kündigung).
Auch
wenn man womöglich nach Antritt einer neuen Arbeitsstelle direkt „urlaubsreif“
wird, muss man sich zumindest noch etwas gedulden. Denn nach § 4 BUrlG wird der
volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des
Arbeitsverhältnisses erworben (Wartezeit).
Urlaubsentgelt
§
11 BUrlG stellt klar, dass dem Arbeitnehmer bezahlter Urlaub zusteht. Das
Entgelt bemisst sich grundsätzlich nach dem durchschnittlichen
Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem
Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden
gezahlten Arbeitsverdienstes (§ 11 Abs. 1 BUrlG).
Damit
nicht zu verwechseln ist das häufig gezahlte „Urlaubsgeld“: Hierbei handelt es
sich nicht um das gesetzlich vorgeschriebene Urlaubsentgelt, sondern um
Sondervergütungsbestandteile, die laut Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag
zusätzlich gezahlt werden (vgl. zum Beispiel § 20 des Tarifvertrages für den
öffentlichen Dienst - TVöD).
Nebentätigkeit
während des Urlaubs
Wenn
der Job nicht genügend Geld für die Lebenshaltung oder besondere Wünsche
bringt, liegt der Gedanke nahe, während des Urlaubs auf Reisen oder
anderweitige Entspannung zu verzichten und stattdessen einer Nebentätigkeit bei
einem anderen Arbeitgeber nachzugehen, um das Jahreseinkommen aufzubessern.
Doch Vorsicht: Dem steht meist § 8 BUrlG entgegen. Diese Vorschrift verbietet
dem Arbeitnehmer, während des Urlaubs einer dem Urlaubszweck widersprechenden
Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Wann
diese Grenze überschritten ist, wird besonders anschaulich vom
Landesarbeitsgericht (LAG) Köln dargestellt (Urteil vom 21.09.2009, Az. 2 Sa
674/09): Demnach verbietet die Vorschrift nicht bereits jede Tätigkeit, die
einer körperlichen oder geistigen Erholung entgegensteht. Ansonsten wären
bereits Extremsport oder geistig besonders fordernde Aktivitäten im Urlaub
unzulässig. Der geschützte Urlaubszweck liegt vielmehr darin, Freizeit zu
haben, in der man nicht dem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht unterliegt, sondern
Tätigkeiten zur freien Entfaltung der Persönlichkeit verrichten kann, ohne die
Vergütungsgrundlage aus dem Arbeitsverhältnis zu verlieren. Dem entsprechend
widerspricht eine Handlung diesem Urlaubszweck nur dann, wenn die bezahlte
Freizeit genutzt werden soll, um die Einnahmen aus der eigenen Arbeitskraft
durch Eingehung eines weiteren Erwerbsverhältnisses in doppelter Weise
auszunutzen (LAG Köln, a.a.O.).
Im
vorliegenden Fall durfte die Arbeitnehmerin - unentgeltlich - während ihres
Erholungsurlaubs auf dem Weihnachtsmarktstand ihres Ehemannes aushelfen.
Das
Bundesarbeitsgericht (BAG) hat übrigens unter ausdrücklicher Aufgabe seiner
früheren Rechtsprechung im Jahre 1988 klargestellt, dass ein Verstoß des
Arbeitnehmers gegen die Pflicht nach § 8 BUrlG,
während des gesetzlichen Mindesturlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende
Erwerbstätigkeit zu leisten, kein Recht des Arbeitgebers begründet, die
Urlaubsvergütung zu kürzen (BAG, Urteil vom 25.02.1988, Az. 8 AZR 596/85).
Krankheit
während der Urlaubszeit
Es
ist ein nicht seltenes Phänomen: Kaum ist der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub
vorbei, sinkt der Stress und leider auch die Abwehrkräfte. Pünktlich zum
Urlaubsbeginn wird man krank. Was passiert in diesem Fall mit dem
Urlaubsanspruch?
Dies
wird klar und deutlich in § 9 BUrlG geregelt: Erkrankt ein Arbeitnehmer während
des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der
Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.
Voraussetzung
ist jedoch stets eine wirkliche Erkrankung des Arbeitnehmers. Selbst wenn beim
Arbeitnehmer tatsächliche Beeinträchtigungen wie bei einer Krankheit vorliegen,
berechtigt dies nicht zu einer entsprechenden Anwendung des § 9 BUrlG. So führt
beispielsweise die Tatsache, dass eine Mutter während ihres bewilligten Urlaubs
mit der Pflege ihres erkrankten Kindes beschäftigt ist, nicht zu einer
„Gutschrift“ der Urlaubstage (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
10.11.2010, Az. 11 Sa 1475/10).
Auch
wenn eine Arbeitnehmerin nach der Jahresurlaubsplanung schwanger wird und für
die vorgesehene Urlaubszeit ihre Beschäftigung verboten ist, besteht keine
Verpflichtung zur anderweitigen Neufestsetzung (BAG, Urteil vom 09.08.1994, Az.
9 AZR 384/92).
Fazit:
Der Erholung stehen nicht selten Hürden im Weg
Wie
man sieht, gibt es rund um das Thema Urlaub eine Menge rechtliche
Fragestellungen, welche die Vorfreude trüben können. Die Arbeitsrechtler der
KANZLEI GÖDDECKE sind Ihnen bei Problemen rund um Ihren Urlaub gerne
behilflich, damit sich wieder die Erholung einstellen kann.
12.04.2012
(Rechtsanwalt Ralf Koch)