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Bank muss bei Empfehlungen von Fondsanteilen über Rückvergütungen aufklären

BGH Urteil vom 19.12.2006 - XI ZR 56/06, BB 2007, 627 ff.
Betriebs-Berater-Kommentar
Von Patrick J. Elixmann, LL.M., Rechtsanwalt

I. Das Problem

Der Bundesgerichtshof hatte über Aufklärungspflichten einer Bank in Bezug auf Rückvergütungen (auch Kick-Backs, Retrozessionen o.ä. genannt) im Rahmen eines Investmentfondskaufs zu entscheiden. Die Bank hatte ihren Kunden nicht darüber aufgeklärt, dass sie Teile des von der Investmentgesellschaft dem Kunden in Rechnung gestellten Ausgabeaufschlags und der jährlichen Verwaltungsgebühr als indirekte Honorierung zurück vergütet bekam. Bislang war höchstrichterlich nicht abschließend entschieden, ob die Zahlung derartiger Rückvergütungen ein für den Kunden aufklärungsrelevanter Umstand ist.


II. Entscheidung des Gerichts

Jetzt hat der BGH die Frage zugunsten der Anleger geklärt. Die Bank hätte ihren Kunden vollständig und wahrheitsgemäß über umsatzabhängige Rückvergütungen aufklären müssen. Zweck der Aufklärung sei es, dem Kunden den durch die Rückvergütung begründeten Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Neben dem Grund und der Höhe der Rückvergütung müsse dem Kunden erkennbar sein, dass die Gefahr besteht, dass die Bank die Interessen ihres Kunden aus eigenem Umsatzinteresse vernachlässigt. Durch die Aufklärung soll der Kunde in die Lage versetzt werden, diese Gefahr selbst einzuschätzen.


III. Praxisfolgen

Nach diesem Urteil müssen Banken über die Gefahr möglicher Interessenkonflikte aufklären, wobei davon auszugehen ist, dass diese Aufklärungspflicht auch selbstständige Anlageberater trifft. Diese sind zwar keine Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 WpHG, so dass die in § 31 Abs. 1 WpHG normierte aufsichtsrechtliche Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten für sie nicht gilt. Darauf kommt es nach der Urteilsbegründung aber nicht an. Die Entscheidung erwähnt zwar diese aufsichtsrechtliche Verpflichtung. Der BGH entwickelt die genannte Aufklärungspflicht aber aus dem zwischen Kunden und Bank geschlossenen Beratungsvertrag, so dass die Rechtslage auf selbständige Anlageberater übertragbar ist.

Ob das mit der Aufklärungspflicht verbundene Ziel erreicht wird, ist allerdings fraglich. Die Aufklärungspflicht schützt den Kunden nur dann, wenn dieser das Konfliktrisiko - wie vom Gericht intendiert - tatsächlich einschätzen kann. In der Praxis dürfte es einem Laien allerdings mangels eines Beurteilungsmaßstabs kaum möglich sein, die Höhe der Rückvergütung und die hieraus resultierenden Interessenkonflikte zu beurteilen. Ob die Anlageempfehlung anlegergerecht erfolgt ist, wird ein Kunde auch bei entsprechender Sensibilisierung für Interessenkonflikte nur selten durchdringend beurteilen können. Nach ständiger Rechtsprechung bedarf der Kunde im Regelfall aufgrund der Informationsasymmetrie zwischen ihm und der Bank eines besonderen Schutzes (BGH BB 2004, 515, 516; OLG Jena, WM 2005, 1946 ff.). Da die Bank ihre Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Kunden auch im Fall von Interessenkonflikten erfüllen muss, wird der Kunde auf die Empfehlung seines Beraters weiterhin vertrauen dürfen. Ein Mitverschulden des Kunden im Sinne des § 254 BGB mit der Begründung, auf den offen gelegten Interessenkonflikt nicht richtig reagiert zu haben, wird daher im Regelfall ausgeschlossen sein.

Da Interessenkonflikte durch eine Aufklärung nicht grundsätzlich vermieden werden können, wird die Rechtsansicht vertreten, dass die Bank bereits nach geltendem Recht auf die Zahlung von Rückvergütungen ganz verzichten müsse (so beispielsweise Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., Rdnr. 83; Sethe, in: Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung 2005, S. 898 ff.; vgl. auch BGH BB 2004, 2038, 2041). Aufsichtsrechtlich sei ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verpflichtet, den für die Vermeidung eines Interessenkonflikt wirksamsten Weg zu gehen. Sofern die Rückvergütung an den Kunden nicht ausgezahlt wird, ist einem Verbot aus diesem Grund zuzustimmen, denn nur hierdurch ließe sich der für den Kunden nachteilige Interessenkonflikt der Bank bereits im Ansatz vermeiden. Auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist ein Verbot zu befürworten. Indirekte Vergütungen verschleiern den wahren Preis der Leistung, so dass der Wettbewerb im Finanzsektor gestört wird.

Im Hinblick auf Anlegerschutzprozesse hat der BGH den Banken in seiner Entscheidungsbegründung bereits Verteidigungsmöglichkeiten aufgezeigt. Den Banken kommt zunächst die kurze Verjährung nach § 37a WpHG zugute. Danach verjähren Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Wertpapierdienstleistungen drei Jahre nach dem Wertpapierkauf unabhängig von einer Kenntnis des Anlegers von der Pflichtverletzung oder dem Schaden. Sollte die Bank vorsätzlich gehandelt haben, gilt § 37a WpHG nach ständiger Rechtsprechung zwar nicht, sondern die Regelverjährung. Ein Rechtsirrtum des Beraters in Bezug auf seine Aufklärungspflicht soll aber auch in diesem Fall eine Haftung ausschließen können.

Es ist zu prognostizieren, dass bislang nicht geklärte Streitfragen im Hinblick auf den Vorsatz und einem etwaigen Rechtsirrtum in den Mittelpunkt des Interesses rücken werden. Sollte der einzelnen Anlageberater nicht die notwendigen Kenntnisse über die konkreten Rückvergütungen haben, wird sich die Bank wohl dann nicht auf fehlenden Vorsatz berufen können, wenn das notwendige Wissen an einer anderen Stelle in der Bank vorhanden war. Die Tatsache, dass Rückvergütungen gezahlt werden, ergibt für den Berater wegen der diesbezüglichen Prospektierungspflicht nach § 41 Abs. 5 InvG bereits aus dem Fondsprospekt. Aufsichtsrechtlich ist die Bank zudem verpflichtet, die interne Organisation so zu gestalten, dass sie die ihr auferlegten Pflichten einhalten kann (§ 33 Abs. 1 WpHG). Sollte der einzelne Mitarbeiter nicht die notwendige Kenntnis von den Rückvergütungen haben, so wird ihm daher das Wissen der Bank zugerechnet werden können (vgl. BGH BB 2000, 2592 f.; BGH BB 1996, 924, 925 f.). Aus Wertungsgesichtspunkten sollte dies auch für die Kenntnis bezüglich der Aufklärungspflicht gelten. Die Bank sollte nicht von einem Haftungsausschluss profitieren, wenn sie ihren Kundenberater nicht über ihre Aufklärungspflichten instruiert. Die bankrechtliche Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen ergab sich bereits eindeutig aus der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht veröffentlichten Richtlinie gemäß § 35 Abs. 6 WpHG zur Konkretisierung der Pflichten aus den §§ 31, 32 WpHG (dort unter B 1.2). Da unterstellt werden kann, dass die in dieser Richtlinie konkretisierten Informationspflichten den Rechtsabteilungen der Banken bekannt waren, ist ein Verbotsirrtum regelmäßig auszuschließen.

Eine rechtlich restriktive Einschätzung von Rückvergütungen wird unterstützt durch die bevorstehende Gesetzesreform zur Umsetzung der europarechtlichen Richtlinie MiFID (Markets in Financial Instruments Directive, vgl. hierzu Duve/Keller, BB 2006, 2425, 2477, 2537; Spindler/Kasten, WM 2006, 1749 ff., 1797 ff.). Rückvergütungen unterliegen nach dem Entwurf eines neu zu schaffenden § 31d WpHG ausdrücklich einem weitgehendem Verbot. Ausnahmen hiervon bestehen lediglich für Fälle, in denen ein Interessenkonflikt von vorneherein nicht erkennbar ist oder sich der Kunde mit der Zahlung von Rückvergütungen ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Eine Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben wird zum 01.11.2007 erwartet.

 

 

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