I. Viel Show – aber keine reale Geldanlage
Etwa 425 Besucher der Gläubigerversammlung im Congress Centrum der Messe Frankfurt/M. erhielten aus dem Mund des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt Frank Schmitt die traurige Gewissheit, dass sie nicht in eine ertragreiche und sichere Geldanlage investiert hatten, sondern das wesentliche Handelskonto M2540 eigentlich nichts weiter war, als eine Fälschung. In den etwa 1 ½ Stunden, in denen Schmitt die Historie sowie die Anlagemöglichkeiten des Unternehmens darstellte und deutlich machte, dass das Unternehmen mit seinen Offerten vor einer aufwändigen Kulisse mitten in Frankfurt/M. tatsächliche Verluste mindestens im zweistelligen Millionenbereich machte, drängte sich nicht nur der Gedanke an Betrug und Fehlleistungen der Prüfer auf, sondern der Insolvenzverwalter erklärte auch unmissverständlich, dass er über gewisse Vorgänge besonderer Brisanz noch nicht öffentlich reden könne, um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht zu beeinträchtigen.
Ab 1992 wurde das Produkt Managed Account auf den Markt gebracht und im Zusammenhang mit den Änderungen des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes (1998) wurden vermutlich zum Jahreswechsel 1997 / 1998 die ersten Manipulationen begangen, um sich weiterhin als Finanzhaus mit „Banklizenz“ darstellen zu können. Gewinn soll es jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht gegeben haben – und das bei einem Volumen an Anlagegeldern von € 500 Mio., die Nettorenditen auf den Kapitalanlagen waren seit 1994 frei erfunden.
II. Keiner prüfte wohl so richtig
Sehr intensiven Befragungen müssen sich nach Ansicht von Schmitt und den Anlegern, die in der Gläubigerversammlung zu Worte kamen, die Prüfer aussetzen. Nicht nur der Abschlussprüfer Puckler sondern die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingesetzte Sonderprüfung der Wirtschaftsprüfer von Ernest & Young bestätigten das wohl vorgespiegelte Rechenwerk. Die Abschlussprüfungen erhielten sogar stets uneingeschränkte Testate!
Während die optische Prüfung der Kontoauszüge, die als richtig vorgespiegelt worden sind, wohl nicht unbedingt Anlass zu Zweifeln gab, so hätte jedoch die inhaltliche Überprüfung der Buchungsdaten nicht nur bloße Unstimmigkeiten aufgezeigt, sondern es hätten vielmehr die Alarmglocken läuten müssen. Die anscheinend unentdeckt gebliebenen Details seien bei kritischer Würdigung zu erkennen gewesen, lautet der Vorwurf des Wirtschaftsprüfer / Steuerberaters Lakies, den die Insolvenzverwaltung zur Aufdeckung des Zahlenwirrwarrs beauftragt hat.
Um die Ansprüche gegen den englischen Broker zu prüfen und auch durchsetzen zu können, wurde eine Kanzlei in England von der Insolvenzverwaltung beauftragt. Wegen der laufenden Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden schwieg sich Schmitt zu den weiteren Details aus.
III. Viele ungeklärte Rechtsfragen hindern schnelle Auszahlung
Der Wunsch der Anleger, einen Teil der bereits sicher gestellten ca. € 231 Mio. schon bald auszuzahlen, kann wohl nicht erfüllt werden. Zu zahlreich sind die Unklarheiten. So ergab ein von dem Insolvenzverwalter in Auftrag gegebenes Gutachten, dass die auf den Kontoauszügen ausgewiesenen Scheingewinne ab Februar 2001 nicht von den Anlegern verlangt werden können; das heißt im Umkehrschluss, dass Anleger, die in der Zeit Gewinne ausgezahlt erhielten, sich darauf einstellen müssen, dass sie unangenehme Post vom Insolvenzverwalter Schmitt erhalten werden. Die Rückforderungen, die im Raume stehen, wurden mit ca. € 100 Mio. bezeichnet. Ähnliches Schicksal werden wohl auch die Vertriebsmitarbeiter erfahren, die Provisionen auf die Scheingewinne erhalten haben.
Für die Anleger schließt sich die Frage an, wie sich diese Rückzahlung steuerlich auswirken wird. Eine konkrete Antwort blieb aus, da es nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens ist, hier steuerlicher Ratgeber der betroffenen Anleger zu sein.
IV. Gelder von der EdW
Eine wichtige Frage wurde im Sinne der Anleger geklärt; denn der in dem „Gläubigerparlament“ anwesende Vertreter der Entschädigungseinrichtung erklärte eindeutig, dass man entschädigen würde. Voraussetzung für Geldzahlungen sei allerdings ebenfalls die vorherige Klärung von etlichen Rechtsfragen. Für Kleinanleger, die bis zu etwa € 22.000,00 angelegt haben, heißt das, dass sie 90 % ihres Geldes – wenn auch ohne Zinsen und Scheingewinngutschriften – erhalten werden. Für die anderen bedeutetet es, dass sie auf die Insolvenzquote angewiesen sein werden und dritte Haftungspartner, wie z. B. Empfehlungsgeber und Berater, wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
V. Insolvenzverwalter wurde bestätigt und Gläubigerausschuss erweitert
Die Arbeit des Insolvenzverwalters Schmitt wurde von allen Beteiligten lobend gewürdigt und führt dazu, dass er einhellig in seinem Amt von der Gläubigerversammlung bestätigt worden ist; ihm zur Seite wurde ein Gläubigerausschuss mit insgesamt sieben Mitgliedern gestellt. In diesem Ausschuss werden unter anderem Anlegervertreter aus Frankreich und Dänemark ihre Aufgabe wahrnehmen als auch Insolvenzfachleute aus Deutschland und Vertreter der EdW.
Quelle: Gläubigerversammlung PHOENIX Kapitaldienst GmbH, eigener Bericht
06. Oktober 2005 (HG) |