Die
Unternehmenskrise
Wenn sich ein Unternehmen in der Krise befindet, dann äußert sich dies
regelmäßig durch eine das Unternehmen gefährdende Situation. Diese
beeinträchtigt die Handlungsfähigkeit. Ein heilsamer Ausgang einer
Unternehmenskrise ist nicht voraussehbar. Das Unternehmen befindet sich in
einer Lage, in der es seine wirtschaftlichen Ziele nicht mehr zufriedenstellend
erreichen kann.
Das Unternehmen hat zum Zeitpunkt der Krise die Möglichkeit, Insolvenz
anzumelden. Insolvenzgründe sind
Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)
Überschuldung (§ 19 InsO)
(vgl. auch hierzu unseren
Ratgeber: Insolvenz des Arbeitgebers - Was wird aus meinem Job?).
Zudem kann der Entschluss zum Verkauf des Unternehmens fallen (vgl. auch hierzu unseren Ratgeber: Der Betriebsübergang – womit Arbeitnehmerrechnen ).
Ferner kann entweder eine freie Sanierung oder eine Sanierung innerhalb
des Insolvenzverfahrens durchgeführt
werden. Die Sanierung dient der Krisenbewältigung des Unternehmens. Durch sie
kann ein fortführungswürdiges Unternehmen einen Neustart nach der Krise wagen.
Ausweg: Sanierung!
Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Insolvenzrechtsreform bereits 1999 einen
Grundstein dafür gelegt, dass krisenbedrohte Unternehmen nicht gänzlich dem
wirtschaftlichen und existenziellen Untergang geweiht sind. Die Reform hatte
das Ziel, im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Sanierung von krisenbedrohten
Unternehmen statt der Zerschlagung solcher zu fördern. Doch erst das
"Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG vom
07.12.2011) fördert die praktische Umsetzung von Sanierungen in Unternehmen.
Für eine Sanierung werden bestimmte Anforderungen an das Unternehmen
gestellt. Nicht jedes Unternehmen oder jeder Betrieb sind in der Lage, anhand
eines Sanierungskonzeptes rehabilitiert zu werden.
Der
Sanierungsprozess
Die
Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens ist wesentlich für den
Sanierungsprozess. Das krisenbedrohte Unternehmen muss im zeitlich vorgegebenen
Rahmen anhand vorhandener Mittel aus der Krisensituation herausgeführt werden
können! Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, kann eine Sanierung schlecht
durchgeführt werden. Ziel des Sanierungskonzeptes ist die Schaffung eines
liquiden und profitablen Zustandes des Unternehmens.
Die Ursachen für die
Krisensituation eines Unternehmens sind oftmals zahlreich und komplex. Nicht
selten führen überhöhte Personalkosten und fehlende
Arbeitsorganisationsstrukturen zu der wirtschaftlichen Schieflage eines
Unternehmens. Arbeitgeber verkennen oftmals die Möglichkeit der Verbesserung
der Krisensituation aufgrund zu hoher Personalkosten und suchen den Ausweg in
der Insolvenz.
Sanierung im
Insolvenzverfahren -Insolvenzverwalter als neuer Arbeitgeber?
Ist das
Insolvenzverfahren eröffnet, besteht die Möglichkeit der Sanierung im Rahmen
des Insolvenzverfahrens. Im Insolvenzeröffnungsverfahren hat der
Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 InsO das Unternehmen des Schuldners grundsätzlich
fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um
eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden.
Für den Arbeitgeber
bedeutet dies, dass nun der Insolvenzverwalter bis zum Ende des
Insolvenzverfahrens funktionell in seine Arbeitgeberposition rückt. Das bedeutet
allerdings nicht, dass der Insolvenzverwalter Rechtnachfolger des Arbeitgebers
wird. Vielmehr übernimmt er die Arbeitgeberfunktion mit den dazugehörigen
Rechten und Pflichten.
Im Rahmen des
personellen Abbaus muss sich auch der Insolvenzverwalter an die Regelungen des
Kündigungsschutzgesetzes, der Tarifgebundenheit oder der Sozialauswahl halten. Zum Zwecke der schnellen Abwicklung ist es
ihm aufgrund § 113 InsO dennoch möglich, ein Dienstverhältnis, bei dem
der Schuldner der Dienstberechtigte ist, ohne Rücksicht auf eine
vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur
ordentlichen Kündigung, zu kündigen.
Arbeitsrechtliche
Richtlinien innerhalb der freien Sanierung
Der wohl ausschlaggebende Unterschied zu der Sanierung im
Insolvenzverfahren besteht darin, dass die Sanierung ohne staatliche
Beaufsichtigung erfolgt. Das bedeutet, dass der Unternehmensinhaber freier und
flexibler Handeln und Verhandeln kann. Dies scheint zunächst vielversprechend,
doch bei jedem Schritt lauern rechtliche Stolperfallen. Oftmals ziehen sich Unternehmen Berater zur
Seite, die den Sanierungsprozess koordinieren.
Bei der freien
Sanierung eines Unternehmens ist das Downsizing (engl. für Gesundschrumpfen)
häufig unabdingbar. Neben den
wirtschaftlichen Umstellungen haben auch die personellen Umstrukturierungen
eine wesentliche Bedeutung.
Arbeitskosten müssen
eingespart werden, indem Gratifikationen gestrichen, Löhne reduziert und
Sozialleistungen minimiert werden.
Hier ist es gerade
für den Arbeitgeber wichtig, den arbeitsrechtlichen Besonderheiten viel
Beachtung zu schenken, um eine erfolgreiche Sanierung umsetzen zu können.
Im Rahmen einer
außergerichtlichen Sanierung spielt neben dem Arbeitsrecht auch das Tarifrecht,
das Kündigungsschutzgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz eine wesentliche
Rolle. Oftmals geht die Sanierung einher mit immensem Zeitdruck. Etwaige
Änderungen der Arbeitsbedingungen müssen sorgfältig auf Notwendigkeit geprüft
und abgewägt werden. Weiterhin sollten diese auch im Rahmen des
Direktionsrechtes durchsetzbar sein. (vgl. auch hierzu unseren Ratgeber: Das Direktionsrecht des Arbeitgebers oder:Wer bestimmt am Arbeitsplatz?).
Für den Arbeitgeber sollten einvernehmliche arbeitsrechtliche Lösungen demnach
immer vorrangig sein.
Wenn durch Änderung
der Arbeitsbedingungen und Senkung der Arbeitskosten das erhoffte Ziel nicht
erreicht werden kann, ist der Arbeitgeber gezwungen, Arbeitsplätze zu
reduzieren. Dieselbe Menge an Arbeit muss dann durch Maßnahmen und
Effizienzsteigerungen auf die übrigen Arbeitnehmer verteilt werden. Änderungs- oder
Beendigungskündigungen können für den Arbeitgeber problematischer Natur sein.
Oftmals bestehen vertragliche Kündigunsfristen oder vertraglich vereinbarte
individuelle Kündigungsfristen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese oft
langen Fristen können den arbeitsrechtlichen Handlungsspielraum des in der
Sanierung befindlichen Unternehmens wesentlich beeinträchtigen. Eine
Änderungskündigung kann nur dann greifen, wenn die gesetzlichen, vertraglichen
oder tariflichen Kündigungsfristen eingehalten werden. Ferner ziehen
Änderungs-oder Beendigungskündigungen ein gesteigertes Risiko von langen und
umfangreichen Rechtsstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten mit sich.
In der Regel
unterliegen Arbeitnehmer eines Unternehmens den Regelungen des
Kündigungsschutzgesetzes. Diesem Schutz unterliegen Kleinbetriebe, in denen
zehn oder weniger Vollzeitbeschäftigte tätig sein, gemäß § 23 I 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
allerdings nicht. Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2004 begonnen
haben, gilt noch die alte Grenze von in der Regel fünf beschäftigten
Arbeitnehmern (§ 23 Abs. 1 S. 2, S. 3 KSchG) (vgl. dazu auch unseren Information zum Kündigungsschutz).
Arbeitgeber sollten betriebsbedingte Kündigungen nur dann aussprechen, wenn
unter Beachtung der sozialen Gesichtspunkte dringende betriebliche
Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im
Betrieb entgegenstehen (BAG, Urteil vom 29.11.2007 - 2 AZR 789/06).
Zudem gelten diese Voraussetzungen auch für die Änderungskündigung in Bezug auf
den bisherigen Arbeitsplatz. Ferner sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in
einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht weiterbeschäftigt werden kann (§ 1
KschG). Denn wenn die Unwirksamkeit der Kündigung im Rahmen der
Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers vom Arbeitsgericht bejaht wird, ist das
Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst. Der Arbeitgeber muss
dann eine Fortzahlung des Lohnes an den Arbeitnehmer hinnehmen.
Stellt das Gericht
fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist
jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht
zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das
Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen
Abfindung zu verurteilen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Arbeitgeber sollten sich
demnach rechtlichen Beistand einholen, um die Sanierung des Unternehmens
finanziell rentabel umsetzen zu können.
Fazit
Trotz Schieflage im
Unternehmen muss der Arbeitgeber nicht die Flinte ins Korn werfen.
Die Sanierung eines
Unternehmens birgt oftmals arbeitsrechtliche
Stolperfallen. Die Konsequenzen für Arbeitgeber sind immens. Arbeitgeber
sollten allerdings wissen, dass bei der Umstrukturierung des Unternehmens
Maßnahmen geplant werden können, die den arbeitsrechtlichen Handlungsspielraum
deutlich erweitern.
Die Arbeitsrechtler
der KANZLEI GÖDDECKE stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, sollte auch Ihrem
Unternehmen eine Sanierung bevorstehen.
Quelle: eigener Bericht
22. Juli 2014 (Ralf Koch)